Es ist zehn Jahre her seit der Veröffentlichung von Gui Borattos bahnbrechendem Debütalbum „Chromophobia“. So wie der Titel vermuten ließ, war das Album mit seinen kontrastreichen Minimalgrooves und den üppig gefärbten Melodien ein Schocker im besten Sinne. Ihr erinnert euch sicher noch an die Hit-Single „Beautiful Life“, eine Dancefloor-Hymne aus dieser Zeit. Nach vier Alben und unzähligen EPs und Remixen ist das einmalige Savoir-faire des brasilianischen Produzenten, aus vielfältigen Singles und Features stimmige Alben zu schaffen, auch auf seinem fünften Studioalbum „Pentagram“ zu hören. Hier legt Gui Boratto ein Zwölf-Track-Narrativ vor, das seine Handschrift auf erquickende Weise wiederbelebt. Wiederbelebt wird auch die Stimme von „Beautiful Life“ (die der Frau Gui Borattos gehört) auf dem Stück „Overload“.
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Durch seinen charakteristisch kaleidoskopischen Ansatz liefert Boratto ein Album, das gebaut ist wie die Speichen deines Fahrrads; von dem Opener „The Walker“ – direkt auf der Spur von Tears For Fears „Elemental“ (einer von Borattos „favourite 80’s bands“) – zur Hi-NRG-Euphorie von „Forgotten“ und seinem stampfenden Counterpart „Forgive Me“. „Ich bin in zwei unterschiedlichen Richtungen gegangen“, sagt Boratto: „den typischen ,Indie-Electronic-Rock‘-Weg wie in „It's Majik“ oder „Like You“ und den Techno-Weg.“ Er fügt hinzu: „Ich hab mich entschieden jedem Track seinen Zwillings-Track an die Seite zu stellen. Immer wenn ich live spiele lege ich die zwei Stücke zusammen.“
Der brasilianische Produzent erschließt weiter die Pop-Essenz seiner vergangenen Arbeit auf Tracks wie „The Phoenix“ (feat. Nathan Berger) und „Overload“. Beide kombinieren zwitschernde Synthi-Melodien mit lasergenauen Breaks, Hooklines, Drops und sind wie gemacht für die Rotation und den Club. Und für die Symbolisten da draußen: die Länge des reduzierten Closers „618“ beträgt zufälliger Weise genau die Proportionen des besagten Pentagramms. „Fügung?“, fragt Boratto und fasst zusammen: „Ich bin kein Anhänger des brasilianische Neo-Konkretismus , aber ich glaube die brasilianische Künstlerin Lygia Clark hat mich sehr inspiriert. Nicht die Bedeutung ihre Skulpturen aber die Form der meisten ihrer Arbeiten. Ich wollte den wissenschaftlichen Blickwinkel auf das Pentagramm übersetzen. Nicht im religiösen Sinne oder so."
Während „Spur“ (ein erprobter „purist track“ auf der Basis von 808 und 909, „sehr, sehr old school“, wie Boratto betont) und „Alcazar“ glatte Vierviertel-Epen sind, hält das Album auch Überraschungsmomente bereit. Z.B. das John Barryschen „Scene 2“ (auch eine Spur von Amon Tobins „Easy Muffin“ ist darin zu hören) und seinem Streicher-Aufbau, der hundertprozentig geeignet wär für eine Eröffnungssequenz in einem Bond-Film. Auch „Hallucination“ (feat. B.T.) oder der James-Holden-hafte Titeltrack „Pentagram“ (wir denken da an „The Idiots Are Winning“) wäre da zu nennen. „Einer dieser Übungen, die ich gemacht habe, als ich meinen Buchla-Modular-Synthesizer bekommen habe, war“, erinnert sich Boratto, „mehr als 30 verschiedene Snares, Delays und Reverbs zu verwenden. Der ganze Song sollte am Leben sein.“ Und so ist „Pentagram“ im Ganzen: lebendig und sicher genau so vielfältig wie sein Bauplan, der auch der Wissenschaft und den Träumen zugrundeliegt.