Faitiche startet eine neue 7”-Vinyl-Serie: Acoustic Surveillance Series beschäftigt sich mit historischer Klangüberwachung. Mit jeder 7”-Single wird ein Abhörsystem der Vergangenheit vorgestellt. Den Anfang macht G.E.S. s Uguisubari: Die hier versammelten Stücke bestehen aus Aufnahmen von Uguisubari – klingenden Dielenböden aus japanischen Tempel- und Burganlagen. Anlässlich der Serie reaktiviert Jan Jelinek sein Field Recordist-Pseudonym G.E.S.
"And this" – he pointed to the stretch of bare floor ahead – "is what the Japanese call a 'nightingale floor'. Relic of the old days when people wanted to be warned of intruders. Serves the same purpose here. Imagine trying to get across here without being heard." They set off, and immediately the cunningly sprung boards gave out penetrating squeaks and groans. Ian Fleming,1964
Mit diesen Worten stellt der australische Agent Dikko Henderson seinem britischen Kollegen James Bond das Prinzip des Nachtigallenbodens vor. Sie befinden sich auf den Weg zum Hauptquartier des Japanischen Secret Service. Das der hiesige Geheimdienst noch in den 1960er das traditionelle Warnsystem nutzt, bleibt wohl eher Flemingsche Fiktion – doch die tatsächlicher Existenz solcher Dielenböden ist unbestritten. Vielmehr ist es verblüffend, wie selten diese frühe Form der Alarmanlage literarisch genutzt worden ist. Auch in der japanischen Literatur, so habe ich mir sagen lassen, bleibt Uguisubari weitgehend unerwähnt. In einem Gedicht von Takehisa Yumeji wird der Gang auf dem Nachtigallenboden zu einem Gradmesser von Anmut:
"Wie eine Grazie, deren glänzende Fersen beim Wandeln auf der Veranda mit dem Nachtigallenboden keinen Laut geben (...)" Takehisa Yumeji, 1976.
In der Edo Zeit war der Nachtigallenboden ein beliebtes akustisches Warnsystem. Das Prinzip war denkbar einfach: Beim Betreten der Dielen rieben die Dielennägel an Metallklammern, die auf der Unterseite des Bodens montiert waren. So entstand ein verräterisch-quietschendes Geräusch, das dem Zirpen der Japanischen Nachtigall ähnelte.
Dank der akribischen Tempel- und Burgrekonstruktionen sind diese Böden auch heute noch genauso betret- und hörbar. Während eines mehrmonatigen Aufenthalts in Japan im Jahr 2014 hatte ich Gelegenheit, Nachtigallenböden in der Burg Nijo und im Tempel Nanzen-ji zu mikrofonieren und aufzunehmen. In meinem provisorischen Studio im Keller des Goethe-Instituts Kyoto entstanden daraufhin zahlreiche Titel – allen gemeinsam ist die Klangquelle: ein Oszillator und ein Audiosampler mit Aufnahmen der zirpenden Dielen. Zwei der Aufnahmen sind hier versammelt – sie sind sowohl Tagebucheintrag als auch Hommage an den Uguisubari.
Jan Jelinek (G.E.S.), Berlin 2017